100 Jahre Vereinsgeschichte

 

 

Seit 100 Jahren kümmert sich der Verein für ambulante Krankenpflege um kranke und bedürftige Menschen in der Pfarrei St. Ursula in München-Schwabing. Dabei hat sich der Verein im gleichenMaße gewandelt wie die Gesellschaft.

11. April 1913

Das Protokoll der Gründungsversammlung ist der erste handschriftliche Eintrag in das „Protokoll-Buch des Vereins für ambulante Krankenpflege in Schwabing E.V.“ Die Versammlung fand in der Schwabinger Brauerei statt und ist Grundlage für die offizielle Eintragung und Anerkennungdes Vereins durch das Amtsgericht. Aufgrund der außergewöhnlich hohen Zahl von 766 Gründungsmitgliedern ist davon auszugehen, dass es bereits vorher einen Zusammenschluss auf Vereinsbasis gab. Das Pfarrgebiet umfasste damals noch das heutige Gebiet der Pfarreien St.Sebastian, Maria vom Guten Rat sowie Allerheiligen.

Der neue Verein sah es als seine Hauptaufgabe, die bereits im Pfarrgebiet tätigen „Schwestern vom Allerheiligsten Heilande“ (Niederbronner Schwestern) zu unterstützen: „Der Verein hat den Zweck, die Fürsorge der Niederbronner Schwestern für Arme und Kranke in Schwabing zu erhalten und zu fördern. Zur Erreichung des Zweckes übernimmt er insbesondere die Sorge für eine zweckmäßige und angemessene Wohnung der Schwestern. Die Krankenpflege wird ohne Unterschied des Standes
und Bekenntnisses besorgt.“ Lange Jahre fanden die Versammlungen im Gasthaus Lacher, Kaisergarten, Kaiserstraße 34 statt, 1937 im

Pfarrhaus und ab 1938 in der Bismarckstraße 30. Aus den Protokollen der Mitgliederversammlungen
der kommenden Jahre wird ersichtlich: viele Fragen und Sorgen der damaligen Vereins- und Vorstandsmitglieder sind uns nicht unbekannt: Wie ist der Unterhalt für die in der Pflege tätigen Schwestern zu finanzieren und zu sichern? In welchem Umfang können und müssen sich die Klienten an der Bezahlung beteiligen?


7. April 1916
Der Verein wollte ursprünglich zur Unterbringung der Schwestern auf dem „restlichen Areal der
Pfarrkirche St. Ursula“ bauen. Heute steht dort das Studentenwohnheim „Pater-Rupert-Mayer“. Da ein Neubau nicht zu verwirklichen war, konnte der Verein das Anwesen Bismarckstraße 30 für 65.000 Reichsmark erwerben, das dann viele Jahre als Schwesternwohnheim diente. Die kommenden Jahre sicherte der Verein trotz der schwierigen Nachkriegszeit die Tätigkeit der Schwestern.


29. April 1933
In diesem Jahr erhielt der Verein die Anwesen Bismarckstraße 22 und Clemensstraße 29 überschrieben, hinzu kamen viele wertvolle Kunstgegenstände. Das Vereinsmitglied Franz Wolter,
Kunstmaler und Kunsthistoriker, hatte bereits 1932 in seinem Testament den Verein für diesen Teil seines Nachlasses zum Erben bestimmt. Bis auf den heutigen Tag tragen die Häuser wesentlich zur Erfüllung des Vereinszweckes bei. Die Jahre der NS-Herrschaft sind auch in den Protokollen nachzuvollziehen. Die Mitgliederversammlungen konnten zwar weiterhin jährlich abgehalten werden, mussten aber bei der Geheimen Staatspolizei angemeldet und durch diese genehmigt werden.

19. März 1944
In dieser Mitgliederversammlung wurden zur Pflege im Jahr 1943 folgende Zahlen genannt: An 2.987 Pflegetagen wurden 397 Kranke versorgt bei 79.933 Dienstleistungen. Es blieb auf längere Zeit die letzte Mitgliederversammlung.

12. Juli 1944
Das Haus Bismarckstr. 30 wurde durch einen Bombenangriff zerstört. 16 Schwestern wohnten damals im Haus, doch niemand wurde verletzt. 1. August 1944 Dem Verein gelang es, in der Virchowstraße 5 Ersatzwohnraum anzumieten. Gemäß Mietvertrag vom 7. August „zwischen Gräfin Maria Theresia von Arco-Zinneberg vertreten durch die gräfl. Arco-Zinneberg’sche Verwaltungsinspektion als Vermieter und der Krankenpflegestation der Niederbronnerschwestern St. Ursula als Mieter.“ Der Mietzins betrug jährlich 2160 Reichsmark „als Gefälligkeitsmiete“.

17. März 1948
Mit einem Schreiben an das Amtsgericht München bestätigte der „Erste Vorsitzende des Kathol.
Caritasverbandes der Erzdiözese München-Freising“ Domkapitular Msgr. Dr. J. Weissthanner,
dass der Verein der katholischen Caritas angeschlossen ist und in den Bereich kirchlicher Wohlfahrtsvereine fällt, die damit einer Zulassung nicht bedürfen.

31. Juli 1948
Einem Bericht über die wirtschaftliche Lage des Vereins nach der Währungsumstellung am 20. Juni
1948 ist zu entnehmen, dass ein Wiederaufbau der Bismarckstr. 30 noch nicht möglich war.

24. Oktober 1954
Mit diesem Datum ist die erste Nachkriegs-Mitgliederversammlung dokumentiert. Laut Protokoll
wurde das Haus Bismarckstraße 30 erst 1950 wieder aufgebaut. Die Kosten von 110.318,60 Mark 
werden u.a. durch ein Darlehen der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt finanziert.
Eine weitere Versammlung findet bereits am


29. Januar 1955 statt,
um wich tige Satzungsänderungen zu beschließen.

21. Februar 1960
Seit 1958 war Pfarrer Richard Lipold 1. Vorsitzender des Vereins. Doch der Mitgliederstand gab
in dieser Versammlung Anlass zur Besorgnis. Denn die Satzung sah als untere Grenze 50 Mitglieder
vor, bei aktuell 54 Mitgliedern musste dringend Werbung gemacht werden.

11. April 1963
Wir wissen nicht, ob und wie das 50jährige Vereinsjubiläum gefeiert wurde.

18. September 1972
Die Finanzierung der Pflege blieb ein Dauerproblem. „Es muss dafür gesorgt werden, dass die
Schwestern von den Patienten entsprechend belohnt werden“, heißt es im Protokoll. Der Verein
wollte die Mitglieder auf die Unterstützung durch Krankenkassen und Sozialamt hinweisen. Auch die Pfarreien St. Ursula und Maria vom Guten Rat sollten einen festen Zuschuss geben.

1979
Der Betreuungsbereich umfasste laut einer Aufstellung von Pfarrer Richard Lipold für eine Erhebung
des Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising die Pfarreien St. Ursula und Maria vom Guten Rat mit ca. 40.000 Einwohnern, davon 25.000 Katholiken. Pflegekräfte in Vollzeit waren drei Krankenschwestern im Alter von 73, 75 und 77 Jahren. In diesem Jahr wurde auch deutlich, dass der gravierende Nachwuchsmangel bei den Niederbronner Schwestern Folgen für die Zusam menarbeit mit dem Verein haben würde. Der Orden konnte die Krankenpflege nicht mehr weiter ge währleisten. Nach 66 Jahren endete die Zusammenarbeit.

Am 26.03.1981
wurde ein „Pflegerinnen gestellungs vertrag“ zwischen dem Verein und dem „Kath. Fa milien- und Altenpflegewerk e.V.“, als Kooperationspartner zur Erfüllung des Vereinszweckes geschlossen. Der Vertrag trat rückwirkend zum 1. Januar in Kraft. Diese Zusammenarbeit währte über 30 Jahre und endete im Jahr 2011.

21. Januar 1986
Die Mitgliederversammlung beschloss eine neue Satzung, der Vereinszweck blieb unverändert.
Es änderte sich aber die Zusammensetzung der Vorstandschaft. Der Pfarrer von St. Ursula war
nun nicht mehr automatisch der 1. Vorsitzende des Vereins, der/die Vorsitzende wird seither von der Mitgliederversammlung gewählt.

1994
Seit diesem Jahr ist das Pflegeversicherungsgesetz die rechtliche Grundlage für das Miteinan der
von Pflegekassen, Pflegeeinrichtungen/Pflegediensten und den Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen
regeln die Zulassung und Anerkennung der für die konkrete Pflege zuständigen Pflegeeinrichtungen.
Ambulante Pflegedienste müssen Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen – nach „allgemein anerkanntem Stand medizinisch- pflegerischer Erkenntnisse“. Die Pflegebedürftigen können zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger wählen. Für unseren Verein bedeutet das: Der Verein will und darf auf den persönlichen Vertrag keinen Einfluss nehmen. Er hat auch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Auswahl des angestellten Personals des Kooperationspartners, der die Pflege gemäß Vereinszweck durchführt. Interessant und wichtig fürdie Arbeit unseres Vereins ist § 2 des neuen Gesetzes: „Auf die religiösen Bedürf nisse der Pflegebedürftigen ist Rücksicht zu nehmen.“

Die Jahre 2001 bis 2013
Ungeachtet der zuverlässigen Arbeit der Pflegekräfte war der Verein in den 90er Jahren langsam
aber stetig in eine finanzielle Schieflage geraten. Nicht zuletzt wurde deutlich, dass die Verwaltung der Häuser des Vereins nur durch eine professionelle Hausverwaltung gewährleistet werden kann. Dies geschieht seit 2002 durch die Hausverwaltung Fa. Ottmann/Südhausbau.

2006
In diesem Jahr wurde die Satzung erneut heutigen Erfordernissen angepasst. Ein wesentliches
Anliegen war die enge Verbindung zwischen der Aufgabe des Vereins und der Pfarrei. Diese sollte sich dauerhaft in der Zusammensetzung der Vorstandschaft widerspiegeln. So bestimmt die neue Satzung, dass der verantwortliche Seelsorger der Pfarrei geborenes Mitglied der Vorstandschaft ist.

Am 29. Februar 2008
erhieltdie neubezogene Ambulanzstation im Erdgeschoß der Bismarckstraße 30 ihren kirchlichen Segen (bis dahin untergebracht im 2. Stock der Bismarckstraße 22).

2011
Das Caritas-Zentrum Schwabing-Milbertshofen wurde mit seinen Fachkräften für alle Belange der häuslichen Pflege neuer Kooperationspartner des Vereins. Der Verein kann weiterhin Fußpflege
und Badehilfe in der Ambulanzstation anbieten.

2013
Der Verein zählt rund 180 Mitglieder.